Die Mission: Den »Scenic Walkway« von der Spit Bridge nach Manly zu machen.
Strecke: Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Leichhardt zur Spit Bridge, auf dem Rückweg von Manly nach Leichhardt.
Distanz: ca. 35 km gesamt
Zeitfaktor: ca. 2,5 Std. unterwegs
Kostenpunkt: ca. 27 Dollar
Gesamtbewertung: Einmal und nie wieder!
Heute möchte ich mal im Detail eine Odyssee mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kreuz und quer durch Sydney schildern.
Ach komm, so schlimm kann es doch wirklich nicht sein! Das werden viele von euch jetzt wohl denken. Ich möchte damit aber zeigen, dass ich nicht total überreagiere. Dass ich keine verwöhnte Europäerin bin, der das öffentliche Verkehrsnetz hier einfach nur »nicht gut genug« ist. Sondern dass es wirklich eine Frechheit und eine Zumutung ist. Für Touristen wie für Ortsansässige. Und dass mein Gejammere sehr wohl berechtigt ist. Beurteilt selbst!
Meine Begleiterin und ich wollten also den Scenic Walkway machen. Dafür haben wir erstmals ein Ticket gekauft und den Bus in die Stadt gekommen. Das ging ja noch gut. Dann wollten wir die Fähre nehmen, weil das Luftlinie gesehen ja der kürzeste Weg ist. Es war schon mal schwer, überhaupt die richtige Fähre zu finden ... weil die Leute die da arbeiten, keine Ahnung haben. Man merke sich: In Australien werden die Busfahrer, Ticketverkäufer etc. nur bezahlt, um nett zu lächeln, aber nicht um Auskunft zu erteilen! Die wissen nämlich in den meisten Fällen rein gar nichts. Wir haben also ewig gebraucht, um überhaupt die richtige Fähre zu finden. Als wir dann schließlich am Anlegeplatz standen, kam sie einfach nicht daher. Plötzlich hieß es, diese Fähre fährt heute von Steg soundso. Abfahrt in zwei Minuten! Also wieder raus gerannt ... beim nächsten Anlegeplatz dem Mann versucht zu erklären, warum unser Ticket ungültig ist (weil wir es ja bereits beim falschen Anlegeplatz stecken mussten). Der hatte natürlich keine Ahnung ... ließ uns dann aber trotzdem durch.
Okay. Gut. Wir sind auf der Fähre. In Mosman angekommen, nehmen wir den Bus. Wir erklären dem Fahrer, wo wir hin wollen. Der hat Gott sei Dank gesunden Menschenverstand und versucht uns zu schildern, wie wir dahin kommen. Zahlen müssen wir nicht – der arme hat Mitleid mit uns – weil eigentlich wäre das eine Pre-Pay Station (Tickets können nicht beim Busfahrer, sondern müssen vorab in einem Kiosk, Laden, Zeitungsstand, Supermarkt etc. gekauft werden). Wir sind aber in einer Wohngegend am Fuße eines Hügels und der nächste Kiosk wär ein ganzes Stück bergauf. Danke, lieber Busfahrer. Schließlich müssen wir umsteigen. Der neue Bus ist ebenfalls nur Pre-Pay. Da es an den Bushaltestellen aber keine Ticketmaschinen gibt, müssen wir zuerst einen Laden finden, der Tickets verkauft. Gesucht, gefunden. Ein Kiosk in der Nähe. Wir erklären dem netten Verkäufer, wo wir hin müssen. Der hat natürlich keine Ahnung, wo das ist und will uns sicherheitshalber das teuerste Ticket verkaufen. Na, toll. Viel zu viel bezahlt, dann also rein in den nächsten Bus. Der Busfahrer muss uns sagen, wo wir aussteigen sollen, denn ein Display oder eine Information mit den Haltestellen gibt es hier auch nicht.
Endlich gelangen wir an den Start des Scenic Walkways. Wir haben aber so lange gebraucht, dass es uns schon knapp in der Zeit wird. Wir wollen ja nicht im Dunkeln den Klippen entlang tappen ... also schnell! Keine Zeit mehr verlieren! Es war dann aber leider so, dass wir den ganzen Weg vor der Dämmerung natürlich nicht geschafft haben. Also mussten wir improvisieren. Irgendwo sind wir abgebogen, wo es nach Wohngebiet ausgeschaut hat. Leute nach dem Weg gefragt. Wir müssen zurück in die Stadt. Wie machen wir das am besten? Wir haben an die vier Personen befragt. Alle haben sie gemeint, oh, das sei etwas schwierig zu erklären von hier aus. Und jeder hat uns woanders hin geführt. Wir sind ewig herum geirrt, bis wir schließlich eine Hauptstraße gefunden haben. Und ... was für ein Glück, da kommt ein Bus! Was für ein Glück, er fährt in die Stadt! Was für ein Glück, man kann das Ticket beim Busfahrer kaufen! Und was für ein Pech, er macht eine Riesenkurve, bevor er überhaupt irgendwo in die Nähe der Stadt fährt. Wir sind also ewig unterwegs. Es ist mittlerweile stockdunkel, als wir endlich an der Endstation im Stadtzentrum aussteigen.
Nun nehmen wir den Zug. Wir haben genug von Bussen, die irgendwo im nirgendwo herumkurven. Jetzt müssen wir uns nur noch durch die Rush Hour zwängen. Schnell ein Ticket kaufen und uns unter die vielen Leute mischen, die bereits am Bahnsteig warten. Schnell ist leicht gesagt, weil es nur wenige Ticketmaschinen gibt und man darauf blöderweise keine Tickets für mehrere Personen auswählen kann. D.h. jedes Ticket muss auf diesen steinzeitlich langsamen Maschinen einzeln gelöst werden, während die Schlange hinter einem länger und länger wird. Wir quetschen uns in den Zug, der trotz Menschenmassen um diese Uhrzeit nur alle 20 Minuten kommt. Die Klimaanlage scheint wieder mal nicht zu funktionieren. Bei jedem Stop murmelt der Zugfahrer die nächste Haltestelle entnervt ins Mikrofon. Verstehen tut man natürlich nichts, er könnte genau so gut einfach gar nichts sagen. Gut, wenigstens ist der Heimweg diesmal verhältnismäßig kurz und wir wissen ja, wo wir hin müssen. Raus aus dem Zug, nun noch ein 15-minütiger Fußweg. Dann sind wir endlich wieder daheim.
Puh, Füße hoch lagern und ein Bier trinken. In meinem Fall wohl eher einen Cider. Dieser Tag hat mir wieder mal gezeigt, warum ich
public transport in Sydney so gut es geht vermeide. Gefühle von Wut und Unverständnis kommen in mir hoch: Warum lassen sich die Australier das gefallen? In Melbourne gibt’s ja auch ein halbwegs vernünftiges Verkehrsnetz. Warum bringen die das in Sydney nicht auf die Reihe? Interessanterweise habe ich dazu einen Artikel gelesen, der aus der Sicht eines Sydneyianers beschreibt, wie eine Reise durch die Schweiz mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, wie eine Märchenstunde ist: Zu gut um wahr zu sein. Man könnte auch sagen, ein Hilferuf eines Aussies, der über den Tellerrand geblickt und gesehen hat, dass es auch besser geht. Der Titel des Berichts: »Das Land in dem alles funktioniert« Wie sehr ich das manchmal vermisse!
Link zum Artikel
No worries!
PS: Habe ich schon mal erwähnt, dass Australien ein Land der Autofahrer ist? Mich wundert das jedenfalls kein bisschen mehr ...
FOTO: JOHN WARD (FLICKR)