Engstirnig, respektlos, unehrlich und unzuverlässig. Das sind die vier Worte die mir einfallen, wenn ich Sydneys Kreativbranche bzw. die Menschen die dahinter stecken beschreiben muss. Nach sieben Monaten Jobsuche, 137 Bewerbungen und etlichen Interviews habe ich Sachen erlebt, die mir keiner glaubt ...
Leute die mir einen Vollzeitjob angeboten haben und sich dann einfach nicht mehr melden, weil sie es sich anders überlegt haben, Leute die wollen, dass du gratis ein paar Monate auf Probe als Praktikant arbeitest, Leute die einen Jobanzeige schalten und dir dann während dem Interview erklären, dass sie momentan eigentlich gar keine freie Stelle haben und nur mal schauen wollten, was der Markt für Designer zu bieten hat, Leute die mir das Feedback geben, ich wäre zu wenig enthusiastisch und locker und hätte meine Persönlichkeit nicht gezeigt (da hab ich wohl wieder mal das Dauerlächeln vergessen), Leute die dich vertrösten, dass demnächst eine Stelle frei wird, die aber nie frei wird, Leute die mit dir einen Termin ausmachen, dich eine halbe Stunde warten lassen und sich nicht mal dafür entschuldigen, Leute die gar nicht mehr aufhören meine kreative Arbeit zu loben und mir dann aber erklären, dass meine Aufgaben im Büro mehr administrative Tätigkeiten wären, Leute die Bedenken haben, mich auf Grund kultureller Differenzen einzustellen (das könnte sich ja negativ auf die Arbeit auswirken), Leute die dich überreden zwei Tage unbezahlt auf Probe zu arbeiten und nicht mal den Anstand haben, dir wenigstens einen Kaffee anzubieten, Leute die dir einen Freelance Auftrag geben und dir unter den großartigsten Ausreden die Daten nie zukommen lassen, Leute die meinen, sie können mich unmöglich einstellen, wenn ich keine Arbeitserfahrung in Australien habe (weil was andere Länder machen, das interessiert uns ja nicht), Leute die dich für eine Woche als Freelancer buchen, es sich aber einen Tag vorher anders überlegen, Leute die zu feige sind dir ins Gesicht zu sagen, dass sie dich nicht wollen und stattdessen bedauern, sie hätten keine freie Stelle und einen Tag später aber eine Jobanzeige schalten, Leute die meinen, sie hätten Angst dass mein Englisch zu schlecht wäre (obwohl mein Englisch sehr gut ist), Leute die dir sagen, sollte ich den Job bekommen, muss ich aber bereit sein mit kurzem Rock, High Heels und geschminkt ins Büro zu kommen, Leute die Bewerber ohne »Permanent Residency« von vornherein ausschließen (obwohl ich mit meinem Visum uneingeschränkt hier leben und arbeiten darf), Leute die dich um sechs Uhr abends anrufen und ganz dringend am nächsten Tag einen Freelancer brauchen, wenn du am nächsten Tag schließlich im Büro ankommst, meinen sie aber locker lässig: »Ach, das hat sich bereits erledigt!«.
Was ist also los mit den Menschen hier? Sind das alles nur Schwätzer, viel leere Luft und nichts dahinter? Kann man hier gar niemandem vertrauen? Ist Australien rassistisch? Sind die Aussies gar weltfremd? Oder ist das einfach nur die Großstadt?
Fakt ist, dass viele Australier ihr eigenen Land nie verlassen haben und es interessiert die meisten Menschen hier auch sonderlich wenig, was im Rest der Welt passiert. Außerdem ist der »Rest der Welt« ja auch weit, weit weg. Außer Sichtweise quasi. Auch kann man deshalb glaub ich allgemein sagen, dass Australien nicht in demselben Ausmaße an Globalisierung teilnimmt, als das in Europa der Fall ist. Über den eigenen Tellerrand wird hier eher selten hinaus geschaut. Manchmal kommt es mir also so vor, als würde ich auf einer kleinen isolierten Insel leben, die eigentlich keine Ahnung vom Rest der Welt hat. Und es stimmt irgendwie ja auch.
Und doch ... es gibt Hoffnung. Australiens Gesellschaft ist noch nicht am Ende der Menschlichkeit angelangt (nur über die Kreativbranche mache ich mir ehrliche Sorgen). In dem Café in dem ich als Bedienung arbeite, hatten sie weder Bedenken mich einzustellen, obwohl ich null Erfahrung im Gastgewerbe habe, noch hatten sie Angst davor, dass kulturelle Differenzen die Gäste vertreiben könnte. Des weiteren wurde ich fürs Probearbeiten angemessen entlohnt und bekomme so viel Kaffee und Essen, wie ich mag. Hier galt ganz einfach die Devise: Komm vorbei, beweise dich und wenn du den Job gut machst, dann passt das für uns. Man muss aber auch dazu sagen, dass die Besitzer und die Angestellten keine typischen Australier sind, sondern ihre Wurzeln alle woanders haben.
Für die Kreativbranche sehe ich aber schwarz. Die Konkurrenz und die Zahl an arbeitslosen Grafikern ist hier unglaublich hoch. Es macht die Sache auch nicht einfacher, dass es neben den vielen Ausländern die ihr Glück hier versuchen (mich eingeschlossen), auch mehrere Unis gibt, an denen man Grafik Design studieren kann und nebenher noch mindestens vier oder fünf Colleges – manche ohne jegliche Zugangsbeschränkungen – an denen man sich in kürzester Zeit zum Designer ausbilden lassen kann. Der Markt wird also regelrecht überschwemmt mit kreativhungrigen Grafikern, die wenigsten von ihnen bekommen aber einen Job. 100 Bewerbungen innerhalb der ersten 24 Stunden für eine freie Stelle in einem renommierten Büro sind absolut keine Seltenheit. Wie soll man sich hier als Ausländer gegen die restlichen 99 durchsetzen, in einem Land in dem man am liebsten alles auf die australische Art hat und Erfahrung im Ausland nichts wert ist?
In solchen Situationen kann man nicht anders, als das Bildungssystem in Frage zu stellen. Macht es wirklich Sinn, dass hier JEDER ohne Einschränkung oder Aufnahmeprüfung die Chance hat, als Grafiker ausgebildet zu werden? Auch wenn die Branche total übersättigt ist und die meisten niemals einen Job bekommen werden? Die Folge davon ist nämlich genau der Zustand, den ich hier und jetzt erlebe. In der Kreativbranche muss man weder aufgeschlossen, weltoffen, ehrlich, noch zuverlässig sein oder seine Mitarbeiter respektvoll behandeln. Da warten nämlich noch genug andere vor der Tür, die um jeden Preis alles tun würden, um einen Job zu bekommen.
No worries?
Leute die mir einen Vollzeitjob angeboten haben und sich dann einfach nicht mehr melden, weil sie es sich anders überlegt haben, Leute die wollen, dass du gratis ein paar Monate auf Probe als Praktikant arbeitest, Leute die einen Jobanzeige schalten und dir dann während dem Interview erklären, dass sie momentan eigentlich gar keine freie Stelle haben und nur mal schauen wollten, was der Markt für Designer zu bieten hat, Leute die mir das Feedback geben, ich wäre zu wenig enthusiastisch und locker und hätte meine Persönlichkeit nicht gezeigt (da hab ich wohl wieder mal das Dauerlächeln vergessen), Leute die dich vertrösten, dass demnächst eine Stelle frei wird, die aber nie frei wird, Leute die mit dir einen Termin ausmachen, dich eine halbe Stunde warten lassen und sich nicht mal dafür entschuldigen, Leute die gar nicht mehr aufhören meine kreative Arbeit zu loben und mir dann aber erklären, dass meine Aufgaben im Büro mehr administrative Tätigkeiten wären, Leute die Bedenken haben, mich auf Grund kultureller Differenzen einzustellen (das könnte sich ja negativ auf die Arbeit auswirken), Leute die dich überreden zwei Tage unbezahlt auf Probe zu arbeiten und nicht mal den Anstand haben, dir wenigstens einen Kaffee anzubieten, Leute die dir einen Freelance Auftrag geben und dir unter den großartigsten Ausreden die Daten nie zukommen lassen, Leute die meinen, sie können mich unmöglich einstellen, wenn ich keine Arbeitserfahrung in Australien habe (weil was andere Länder machen, das interessiert uns ja nicht), Leute die dich für eine Woche als Freelancer buchen, es sich aber einen Tag vorher anders überlegen, Leute die zu feige sind dir ins Gesicht zu sagen, dass sie dich nicht wollen und stattdessen bedauern, sie hätten keine freie Stelle und einen Tag später aber eine Jobanzeige schalten, Leute die meinen, sie hätten Angst dass mein Englisch zu schlecht wäre (obwohl mein Englisch sehr gut ist), Leute die dir sagen, sollte ich den Job bekommen, muss ich aber bereit sein mit kurzem Rock, High Heels und geschminkt ins Büro zu kommen, Leute die Bewerber ohne »Permanent Residency« von vornherein ausschließen (obwohl ich mit meinem Visum uneingeschränkt hier leben und arbeiten darf), Leute die dich um sechs Uhr abends anrufen und ganz dringend am nächsten Tag einen Freelancer brauchen, wenn du am nächsten Tag schließlich im Büro ankommst, meinen sie aber locker lässig: »Ach, das hat sich bereits erledigt!«.
Was ist also los mit den Menschen hier? Sind das alles nur Schwätzer, viel leere Luft und nichts dahinter? Kann man hier gar niemandem vertrauen? Ist Australien rassistisch? Sind die Aussies gar weltfremd? Oder ist das einfach nur die Großstadt?
Fakt ist, dass viele Australier ihr eigenen Land nie verlassen haben und es interessiert die meisten Menschen hier auch sonderlich wenig, was im Rest der Welt passiert. Außerdem ist der »Rest der Welt« ja auch weit, weit weg. Außer Sichtweise quasi. Auch kann man deshalb glaub ich allgemein sagen, dass Australien nicht in demselben Ausmaße an Globalisierung teilnimmt, als das in Europa der Fall ist. Über den eigenen Tellerrand wird hier eher selten hinaus geschaut. Manchmal kommt es mir also so vor, als würde ich auf einer kleinen isolierten Insel leben, die eigentlich keine Ahnung vom Rest der Welt hat. Und es stimmt irgendwie ja auch.
Und doch ... es gibt Hoffnung. Australiens Gesellschaft ist noch nicht am Ende der Menschlichkeit angelangt (nur über die Kreativbranche mache ich mir ehrliche Sorgen). In dem Café in dem ich als Bedienung arbeite, hatten sie weder Bedenken mich einzustellen, obwohl ich null Erfahrung im Gastgewerbe habe, noch hatten sie Angst davor, dass kulturelle Differenzen die Gäste vertreiben könnte. Des weiteren wurde ich fürs Probearbeiten angemessen entlohnt und bekomme so viel Kaffee und Essen, wie ich mag. Hier galt ganz einfach die Devise: Komm vorbei, beweise dich und wenn du den Job gut machst, dann passt das für uns. Man muss aber auch dazu sagen, dass die Besitzer und die Angestellten keine typischen Australier sind, sondern ihre Wurzeln alle woanders haben.
Für die Kreativbranche sehe ich aber schwarz. Die Konkurrenz und die Zahl an arbeitslosen Grafikern ist hier unglaublich hoch. Es macht die Sache auch nicht einfacher, dass es neben den vielen Ausländern die ihr Glück hier versuchen (mich eingeschlossen), auch mehrere Unis gibt, an denen man Grafik Design studieren kann und nebenher noch mindestens vier oder fünf Colleges – manche ohne jegliche Zugangsbeschränkungen – an denen man sich in kürzester Zeit zum Designer ausbilden lassen kann. Der Markt wird also regelrecht überschwemmt mit kreativhungrigen Grafikern, die wenigsten von ihnen bekommen aber einen Job. 100 Bewerbungen innerhalb der ersten 24 Stunden für eine freie Stelle in einem renommierten Büro sind absolut keine Seltenheit. Wie soll man sich hier als Ausländer gegen die restlichen 99 durchsetzen, in einem Land in dem man am liebsten alles auf die australische Art hat und Erfahrung im Ausland nichts wert ist?
In solchen Situationen kann man nicht anders, als das Bildungssystem in Frage zu stellen. Macht es wirklich Sinn, dass hier JEDER ohne Einschränkung oder Aufnahmeprüfung die Chance hat, als Grafiker ausgebildet zu werden? Auch wenn die Branche total übersättigt ist und die meisten niemals einen Job bekommen werden? Die Folge davon ist nämlich genau der Zustand, den ich hier und jetzt erlebe. In der Kreativbranche muss man weder aufgeschlossen, weltoffen, ehrlich, noch zuverlässig sein oder seine Mitarbeiter respektvoll behandeln. Da warten nämlich noch genug andere vor der Tür, die um jeden Preis alles tun würden, um einen Job zu bekommen.
No worries?
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