Es gab einmal ein Tier, das in Australien heimisch war. Auf dem Festland war es bereits zu Zeiten der Besiedlung durch die Europäer so gut wie ausgestorben. Ein scheues Raubtier, das auf dem Festland mit dem Dingo in einem Konkurrenzkampf um Futter stand, in der Wildnis Tasmaniens aber noch in großer Zahl überlebt haben soll (Dingos sind dort nicht heimisch).
Der so genannte Tasmanische Tiger gehörte zur Familie der fleischfressenden Beuteltiere. Und genau dies wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Seit der Besiedlung Tasmaniens Anfang des 19. Jahrhunderts wurde er, ähnlich wie der Wolf zuvor in Europa, gezielt gejagt und getötet. Diese seltsame Kreatur war den Menschen unheimlich. Man konnte dieses fleischfressende nachtaktive Tier, das aussieht wie ein Hund, aber in keinerlei Weise mit dem wilden Dingo verwandt ist, Streifen wie ein Tiger hat und ähnlich einem Känguru mit einem dicken steifen Schwanz und einem Beutel ausgestattet ist, nicht einordnen.
Der Tasmanische Tiger ist ein Tier der Evolution. Es wird vermutet, dass sich dessen Aussehen nach und nach dem der Hundartigen angepasst hat. Deshalb wird er heute auch oft noch als Beutelwolf bezeichnet. Eine Besonderheit war sein Kiefer, den er in einem Winkel von 120 Grad öffnen konnte. Der Tasmanische Tiger soll einen steifen Gang gehabt haben und wurde auch hin und wieder dabei beobachtet, sich kurzzeitig auf die Hinterbeine zu stellen oder sich sprunghaft fortzubewegen. Auch hatte dieses Tier ein ganzes Repertoire an Lauten zur Verfügung. Unter anderem konnte der Tasmanische Tiger ein hustenartiges Bellen, fauchende, knurrende, als auch winselnde Laute von sich geben.
Leider bekam er schnell den Ruf eines blutrüstigen Jägers, der sich über Schafe und Hühner hergemacht haben soll. Innerhalb kürzester Zeit wurde der Tasmanische Tiger als Plage angesehen und von der Regierung zur Ausmerzung aufgerufen. Kopfgeldprämien wurden auf den Tasmanischen Tiger ausgesetzt. Damit schien das Schicksal dieses außergewöhnlichen Tiers besiedelt zu sein. Viel zu spät, und zwar erst 1936, wurde der Tasmanische Tiger unter Artenschutz gestellt – noch im selben Jahr verstarb das letzte Exemplar in einem Zoo in Hobart.
Spurensuche
Damit schien der Tasmanische Tiger endgültig ausgerottet zu sein. Er soll in der Wildnis zwar noch bis in die 60er Jahre überlebt haben, spätestens seit 1986 ist er aber offiziell als ausgestorbene Tierart anerkannt. Trotz der Tatsache, dass bis heute kein Beweis dafür existiert, dass der Tasmanische Tiger noch irgendwo in der unberührten Wildnis Tasmaniens überlebt hat, wurden in Australien seit 1936 über 3.800 Sichtungen gemeldet. 1973 tauchte die erste Videoaufnahme auf, die einen durch Zufall gefilmten Tasmanischen Tiger zeigen soll. Dies konnte jedoch nie bestätigt werden, da die Qualität des Filmmaterials zu schlecht war. Dem folgten bis heute unzählige Fotos, Videos und Berichte von Sichtungen – Menschen die davon überzeugt sind, dass es irgendwo da draußen noch Tasmanische Tiger gibt. Die letzte offizielle Suche nach Überlebensspuren des Tasmanischen Tigers wurde 1982 (erfolglos) abgeschlossen.
Die Hoffnung, dass dieses Tier doch überlebt haben könnte, ist jedoch so groß, dass man sie fast als kollektives Bewusstsein bezeichnen könnte. In Tasmanien leben unzählige Menschen, die fest daran glauben, dass der Tasmanische Tiger weiterhin irgendwo in den unberührten Wäldern und Bergen, weit weg von menschlichen Siedlungen, existiert. Unzählige Webseiten widmen sich der Spurensuche des Tasmanischen Tigers. Das ehemalige australische Nachrichtenmagazin The Bulletin rief im Jahre 2005 offiziell zur Suche nach dem Tasmanischen Tiger auf und versprach demjenigen eine Prämie von über 1 Mio. Australischen Dollar, der ein lebendes Exemplar fangen konnte. Natürlich ist das niemandem gelungen ... aber es zeigt, wie sehr die Leute glauben und hoffen, dass der Tasmanische Tiger noch lebt.
Wiedergeboren
Der vermutlich nächste Verwandte des Tasmanischen Tigers ist der viel kleinere Tasmanische Teufel – ein nachtaktives Beuteltier, das sich hauptsächlich von As ernährt und heute nach wie vor ausschließlich in Tasmanien heimisch ist. Zusammen mit dem Tasmanischen Tiger dienen beide Tiere gerne als Wahrzeichen für die Insel. Sowohl das Wappen, als auch das offizielle Logo der tasmanischen Regierung zeigen den Tasmanischen Tiger. »Explore the possibilities« steht unter dem Logo geschrieben. Auch begegnet man auf einer Reise durch Tasmanien unzähligen Bars, Restaurants, Firmen usw. die den Tasmanischen Tiger als Logo verwenden. Warum also ist dieses Tier, das auf der Insel geradezu Kultstatus hat und zu dessen Ausrottung Tasmaniens Bewohner vor knapp 80 Jahren noch aktiv beigetragen haben, ihnen heute so wichtig?
Gründe dafür können viele sein. Irgendwo habe ich gelesen, dass Tasmanien mit Würde zugeben kann, Fehler aus der Vergangenheit erkannt zu haben und deshalb heute alles tut, damit so etwas nicht wieder geschieht. Auch ist der Tasmanische Tiger das einzige heimische Tier, das seit der Besiedlung der Insel ausgerottet wurde. Darauf ist Tasmanien, der als »the natural state« gilt, stolz. Anders sieht es nämlich auf dem Festland aus, wo unzählige Tierarten seit der Besiedlung durch die Europäer an den Rande der Existenz gedrängt oder sogar ausgerottet wurden. In nur 200 Jahren sind die Hälfte aller heimischen Säugetiere für immer vom Festland verschwunden. Auch der Koala (der in Tasmanien nicht heimisch ist) gehört mittlerweile zu den gefährdeten Tierarten, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Man will den Tasmanischen Tiger also um jeden Preis retten. Irgendwie. Das Australian Museum sorgte vor einigen Jahren für Schlagzeilen, als Pläne bekannt gegeben wurden, den Tasmanischen Tiger durch das Klonen von DNA aus alten Gewebeproben wieder auferstehen zu lassen. Die Forscher die an diesem Projekt arbeiten, sind davon überzeugt, das einzig Richtige zu tun. Es wird jedoch stark kritisiert, dass die dafür benötigen Ressourcen doch besser in die Rettung von aktuell stark bedrohten Tierarten gesteckt werden sollten. Die emotionale Bindung zu diesem außergewöhnlichen Tier, scheint jedoch stärker zu sein. Ob sie wohl irgendwo da draußen noch existieren?
No worries!
Hey Nina!
AntwortenLöschenDanke für Deinen Blog Beitrag.
Passend dazu: Vielleicht interessiert Dich unsere kommende Ausstellung im Juni in Sydney und Berlin: Joseph McGlennon "Thylacine 1936"
Mehr Informationen hier: www.michaelreid.com.au
Oder via Email: infoberlin@michaelreid.com.au
FB: https://www.facebook.com/pages/Michael-Reid-Berlin/116140721893681
Viele schöne Grüße
Michael Reid Team
Hallo Michael,
AntwortenLöschendanke für den Tipp mit der Ausstellung, werde ich mir bei Gelegenheit anschauen!
Liebe Grüße!