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Ich bremse für Tiere!

Roadtrips sind was Schönes, ich gehe immer wieder gerne auf Urlaub, leihe mir einen Mietwagen und fahre durchs Land. In Australien hat das aber klar auch seine Schattenseiten. Nach der Kollision mit einem Känguru vor ein paar Monaten, die sowohl für das Auto als auch das Tier fatal geendet hat (den Insassen ist Gott sei Dank nichts passiert), bin ich noch vorsichtiger als vorher geworden. Wenn ich selber fahre, geht es, dann habe ich die Kontrolle, die Verantwortung und das reine Gewissen, dass ich alles in meiner Macht stehende tue, um nicht ein Tier zu überfahren. Als Beifahrer sitze ich jedoch in verkrampft aufrechter Position im Wagen, meine Augen scannen unermüdlich die Straßenränder ab, vor jeder Kurve oder jedem Hügel würde ich am liebsten auf die Bremse drücken, fliegt ein Vogel aus dem Gebüsch, erschrecke ich. Den Fahrer macht mein Verhalten natürlich auch nicht gerade ruhiger.

Wenn man in Europa wohnt und noch nie in Australien oder Neuseeland mit dem Auto unterwegs war, kann man sich auch schlecht vorstellen, was einem hier auf den Landstraßen begegnet: Tausende von überfahrenen Tieren. Wallabys, Kängurus, Wombats, Ameisenigel, Possums, Beutelmarder und unzählige Vögel. Ich wette sogar, dass so gut wie jeder Tourist sein erstes wildes Känguru tot am Straßenrand liegen sieht. Nicht so eine schöne Vorstellung, oder? Manche sind schon halb verwest oder ganz verrottet, andere frisch getötet. Keiner räumt sie weg, sie liegen mitten in der Straße, so wie sie gestorben sind und werden noch hundert mal platt gefahren. Andere Tiere ernähren sich von den Kadavern und werden dadurch selber zum Opfer der Straße.

In Gegenden wo es große Kängurus gibt, werden diese zumindest von der Straße weg geräumt, bevor noch weitere Unfälle verursacht werden. Auf Tasmaniens und Neuseelands Landstraßen ist es aber besonders schlimm. Die Opfer sind zumeist relativ kleine Tiere – um die kümmert sich sowieso niemand. Aber auch tote Wallabys können ein Hindernis auf der Straße darstellen. Auf manchen Strecken war es in unserem Urlaub geradezu wie auf einem Hürdenlauf – denn die frisch gestorbenen Tiere einfach nochmals zu überfahren, das bringe ich nicht übers Herz (im Gegensatz zu vielen Australiern).

Sie tun mir einfach Leid, die ganzen Tiere ... und Leid tut mir auch, dass es dem Durchschnittsaustralier so ziemlich egal ist. Das Bild von der idyllischen Begegnung mit dem Känguru in Australiens wilder Natur, mit dem die Tourismusbranche gerne wirbt, gibt es so eigentlich nicht. Hier wächst man mit einem dicken Pelz auf. Viele Tiere werden als Plage und nicht als Bereicherung angesehen, so auch das Känguru. Bremsen für Tiere – das würde vielen nicht einmal im Traum einfallen! Es gibt sogar genug Leute, die sich denken, oh, da ist ein Tier auf der Straße, ich drück mal schnell auf die Tube und schwenke aus, damit ich es auch ja erwische. Gibt ja eh genug davon. Ignorant wie sie sind, meinen viele Australier, dass die Straße ihnen gehört und ihnen allein. Und sowieso, ein wildes Tier hat da nichts zu suchen und verirrt es sich doch dahin – Pech gehabt.

Die traurige Wahrheit ist jedoch, dass viele Unfälle verhindert werden könnten. Es müssten nur halb so viele Tiere auf Australiens Landstraßen sterben, wenn die Autofahrer etwas langsamer fahren würden, vor einem Hügel oder einer Kurve bremsen würden und wenn es Nachts, wo die meisten Tiere auf der Straße sind, eine strikte Geschwindigkeitsbegrenzung gäbe. Stattdessen darf man auf vielen Landstraßen 110 km/h fahren. Die Australier fahren dann natürlich mindestens noch um 10 bis 20 km/h schneller. Da ist klar, dass man keine Chance hat, zu bremsen, selbst wenn man wollte. Da es auf dem Land sowieso kaum Fahrradfahrer gibt (diese sind nämlich im wahrsten Sinne des Wortes lebensmüde), muss man sich auch keine Gedanken darüber machen, dass hinter der nächsten Kurve ein Mensch auf der Straße sein könnte.

Anfangen müsste es also mit einem Umdenken des ignoranten weißen Mannes, der Australien erobert hat. Die wilden Tiere, die schon wesentlich länger auf diesem Kontinent leben, haben mehr Respekt und Würde verdient. Aber wie sich ein Australier zu meiner Kritik äußerte: »Ich bin hier aufgewachsen, ich weiß schon was richtig ist und wie man zu fahren hat!« Bis da also ein Umdenken geschieht, kann man wohl noch lange warten ... bis es zu spät ist?

No worries!

FOTO: NEERAV BHATT (FLICKR)

2 Kommentare:

  1. Ich habe in 6 Wochen einen einzigen Radfahrer gesehen! Das war in Westaustralien, irgendwo vor Exmouth - es war ein Franzose, wie sich herausstellte. :-)

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  2. Hallo, ich war selber (leider) noch nie in Westaustralien, aber rund um Sydney begegnet man immer wieder Radfahrern. Auch da wo man es nicht erwartet, also auf der Autobahn/dem Pacific Highway!

    Lg aus Sydney,
    Nina

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