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Als Grafik Designer in Sydney

Neugierig, ganz ohne mich informiert zu haben und mit unschuldigen Augen bin ich als Grafik Designer nach Australien gekommen. Was mich da erwartete, von dem hatte ich keine Ahnung. Wie so oft im Leben, weiß man die Dinge erst dann zu schätzen, wenn man sie nicht mehr hat. Vor allem wenn man gewisse Sachen bisher für ganz selbstverständlich gehalten hat. Aber auch was die Design Branche betrifft, muss ich mir leider eingestehen, wie auch immer man es dreht und wendet, Australien ist nun mal einfach etwas weg vom Schuss.

Die erste Sache, eigentlich eine absolute Kleinigkeit, an der ich schon gescheitert bin: Ein stinknormales Kopierpapier für Inkjet Drucker mit mehr als 80 g/m² zu finden. Kann das wirklich so schwer sein? Ich war in so vielen Bürobedarf-Läden, Bastel-Läden, Kunst-Läden ... und wurde nicht fündig. Im Internet? Auch da war meine Suche erfolglos. Gibt es das, dass in Australien niemand das Bedürfnis hat, etwas für den Eigenbedarf auf dickerem Papier auszudrucken?

Als nächstes habe ich einige interessante Dinge über Druckereien gelernt. Wie z.B. dass die Produktion von Büchern hauptsächlich in China abgewickelt wird. In Australien wird gedruckt und dann alles zum größten Handelspartner entsandt, um es dort binden zu lassen. Ich habe mir sagen lassen, dass es in der ganzen Stadt Sydney nur noch sehr wenige Buchbinder geben soll, die noch übrig bleiben und ihr Handwerk tun. Traurig ... die sind hier wohl bald ausgestorben.

Dann hab ich mich auch darüber gefreut, in einer so großen (Welt-)Stadt wie Sydney zu leben. Wo es viele Designer gibt, da gibt es sicher auch Unmengen an Designläden für Grafiker, wo man Bücher, Magazine und andere Designartikel bekommt. Ich wurde leider enttäuscht. Die einzige Buchhandlung für Design ist ungefähr halb so groß wie jene in Basel (wer schon mal in Basel im Domus-Haus war). Die Preise sind wie zu erwarten hoch, viele der Bücher importiert. Es gibt jedoch ein außerordentlich großes Fachgeschäft für Design-Magazine. Da wurde es mir richtig warm ums Herz, als ich den Laden betrat ... die Wärme verschwand allerdings, als ich feststellte, dass ein Großteil der Grafik Magazine aus Europa und vor allem auch aus dem deutschsprachigen Raum kommt und hier zum doppelten Preis verkauft werden. Schluck. Das tut meinem Geldbeutel nicht gut.

Blättert man australische Design-Magazine durch, dann findet man zu meinem Erstaunen auch folgendes vor: In Melbourne ist hin und wieder was los, ansonsten wird fleißig über europäische Ereignisse berichtet. Dutch Design Week, Milan Design Week, Stockholm Design Week und der deutsche Red Dot Award. Weiters findet man auch immer wieder Anzeigen von Büchern des Taschen Verlag und Gestalten Verlag, beide ebenfalls aus Deutschland. Irgendwie werde ich also das Gefühl nicht los, hier passiert nichts. Wir sind zu weit weg vom Geschehen.

Das mit den Papiervertrieben ist auch etwas verflixt. Die zwei größten in Australien vertreiben eine ganze Reihe europäischer Papiere, auch welche aus Deutschland und Österreich. Verflixt deshalb, weil einige Papiere hier andere Namen haben, aber entweder gleich oder zumindest ähnlich sind wie jene daheim. Man hat mich auch aufgeklärt, dass es bei einigen europäische Papieren gang und gäbe ist, die niedrigen Grammaturen zu importieren und die höheren hier produzieren zu lassen. Deshalb unterscheidet sich auch der Farbton leicht, wenn man die Papiere miteinander vergleicht. Andere Länder, andere Sitten.

Eine Papiermustermappe zu bekommen, ist auch gar nicht so einfach. In Österreich hatte ich sogar als Student kein Problem, eine Mappe zu bekommen – man investiert ja schließlich in die Zukunft. Hier ist man etwas knausrig. Der Kommentar eines Australiers aus der Branche dazu: »Das ist nun mal der Preis den man zahlt, wenn man am Arsch der Welt lebt. Uns wirft man hier nichts nach. Wozu auch? Wir sind ja viel zu weit weg vom eigentlichen Geschehen.« So ist das also. Ich fühl mich schon viel weiser als noch vor einem Jahr. Nicht mehr blauäugig, sondern eher schon etwas abgehärtet. Und manchmal vermisse ich die gute alte deutschsprachige Grafik-Szene. Da ist was los!

Zum Schluss aber noch etwas äußerst Positives, das ich hier gelernt habe. Man kann Bleisatz auch auf ganz moderne Art und Weise verwenden. Es ist sogar möglich, ein Geschäft daraus zu machen, das so erfolgreich ist, dass es gleich zwei gute Dinge mit sich bringt: Es erweckt die ursprünglichste aller Druckarten wieder zum Leben und produziert gleichzeitig wunderschönes modernes Design. In Sydney gibt es eine Druckerei, die mit Bleisatz-Druckmaschinen aber ohne eigentlichen Bleisatz arbeitet. Stattdessen werden vorgefertigte Druckplatten verwendet, die jegliches Design möglich machen. Achja und die Namen dieser alten Maschinen sind übrigens Wolfgang, Heidi und Klaus. Sie kommen nämlich – wer hätte es gedacht – auch aus Deutschland.

No worries!

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