In Australien gibt es prinzipiell ein funktionierendes Gesundheitssystem. Dieses ist jedoch strikt in zwei Teile geteilt: »Public Health Care« und »Private Health Care«. Mit der staatlichen Krankenversicherung ist man gegen so gut wie alles abgedeckt, ausgenommen Zahnarztkosten (aus einem mir unverständlichen Grund) und dem Einsatz von Rettungsfahrzeugen. Die Kosten belaufen sich je nach Verdienst auf 1,5 bis 2,5% die vom Jahreseinkommens abgezogen werden.
Das private System ist ursprünglich durch den Gedanken entstanden, dass die staatlichen Krankenhäuser entlastet werden müssen, um die Qualität der Versorgung aufrecht erhalten zu können. Man muss sich nicht zwingend privat versichern, sollte es aber doch irgendwie. Eine Versicherung kann ganz unterschiedlich viel kosten und hängt von vielen Faktoren wie Alter, Krankengeschichte und dem Umfang des gewünschten Pakets ab. Das kann also grob geschätzt alles sein zwischen 30 und 120 Dollar im Monat. Die Regierung will so viele Menschen wie möglich dazu bringen, sich privat versichern zu lassen, man bekommt sogar Rabatte dafür ausbezahlt. Die Realität ist, dass momentan jedoch nur ca. die Hälfte aller Australier eine private Krankenversicherung besitzen.
Dabei kommt mir – aus Sicht eines Österreichers – dieses zweigleisige System ein bisschen wie Geldmacherei vor. Im privaten Sektor gibt es keine »pauschale« Versicherung, wo man gegen alles abgedeckt ist. Da wird ein Geschäft mit der Gesundheit gemacht. Man kauft sich quasi genau das, was man am ehesten denkt, dass man braucht. Und gegen anderes ist man dann nicht oder nur teilweise versichert. Auch muss man sich den individuellen Regeln (abhängig vom Plan) der privaten Versicherungsgesellschaft beugen, wie dass man z.B. ein halbes Jahr warten muss, bevor man eine Brille für Leseschwäche erhält. Irgendwie missfällt mir einfach der Gedanke, dass Gesundheit kein Grundrecht für alle ist.
Im Allgemeinen lässt sich auch nicht zwingend sagen, dass Qualität von Personal und Ausstattung im privaten Bereich unbedingt besser ist. Das ist anscheinend von Krankenhaus zu Krankenhaus verschieden. Aber man hat weniger lange Wartelisten für nicht lebensgefährdende Verletzungen, wie beispielsweise eine Knieoperation. Und die privaten Krankenhäuser haben – wie man hört – auch das bessere Essen. Im staatlichen System hingegen wird man ständig hinten angereiht. Da dieses überlastet ist und teilweise aus allen Nähten platzt, kann es schon sein, dass man ein paar Monate auf einer Warteliste steht. Und wenn man einen Unfall hat, der nicht als lebensgefährlich eingestuft wird, kann es auch passieren, dass man im staatlichen Krankenhaus einen Tag lang warten muss, bis man behandelt wird. Oder schlimmeres ...
Die Realität schaut nämlich leider nicht so rosig aus. In New South Wales wurde kürzlich beschlossen, dass das Budget des staatlichen Gesundheitssystems bis Ende des Jahres um 775 Mio. Australische Dollar gekürzt werden soll. Ob das in Anbetracht der Skandale die sich in letzter Zeit häufen, eine weise Entscheidung ist, lasse ich mal so dahin gestellt. Horrorstories berichten von so genannten »Transit-Units«, die eigentlich für den Krankenhausaufenthalt von max. 24 Stunden gedacht sind, in denen Patienten nach lebensnotwendigen Operationen wegen Überlastung bis zu einer Woche lang ausharren mussten. Die Transit-Units sind nichts anderes, als Rollbetten die entlang des Flurs aufgestellt sind. Wenn man Glück hat, hängt zumindest ein Vorhang davor. Es gibt weder Privatsphäre, noch eine eigene Toilette. Auch von Personalmangel und furchtbaren hygienischen Zuständen wird berichtet. Mal davon abgesehen, dass die Australier sogar im Krankenhaus (!) Teppich-Boden haben. Ich stelle mir das ein bisschen so vor, wie wenn man eine Katastrophensituation hat und die Krankenhäuser total überfüllt sind. Bloß scheint das hier Normalzustand zu sein. Link zum Artikel
Letzte Woche wurde in der Zeitung auch über eine 89-jährige Frau berichtet, die wegen einer Staphylokokken-Infektion ins Krankenhaus musste. Man ließ die betagte Dame dort fast den ganzen Tag unter Schmerzen in einem Bett im Flur ausharren. Als diese schließlich um eine Bettpfanne bat, wurde sie angewiesen, einfach in ihr Bett zu urinieren. Es dauerte zwei Stunden, bis schließlich jemand Zeit hatte, die Bettlaken zu wechseln. Auch die Schmerzmittel, die sie normalerweise nehme, wurden ihrer verweigert mit der Begründung, dass diese zu teuer seien und deshalb in der Notaufnahme nicht verwendet würden. Die alte Frau fühlte sich (verständlicherweise) ihrer Würde beraubt und soll unter Tränen gesagt haben: »Ich bin 89 Jahre alt, mein ganzes Leben lang habe ich brav Steuern gezahlt und so werde ich nun behandelt. Ich muss in mein eigenes Bett urinieren.« Link zum Artikel
Wenn ich so Sachen lese, muss ich schlucken. Ich bin nämlich nicht privat versichert und das besagte staatliche Krankenhaus, über das sich die Beschwerden häufen, befindet sich in Sydney. Ich hoffe jedenfalls, dass ich in Australien keinen Unfall habe und dann plötzlich in der Transit-Unit aufwache. Zitat eines anderen Auswanderers: »Wenn du hier ins Krankenhaus musst, dann zieh am besten Gummistiefel an!«
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