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Arbeitsmoral und Kundenbetreuung

Manchmal machen es einem die Australier nicht gerade leicht. Vor allem wenn man ein typischer Mitteleuropäer ist und gewisse Erwartungen an die Menschheit bzw. die Gesellschaft bzw. sein Gegenüber hat.

Wer faul ist und keine Ambitionen hat, der ist in Australien gut aufgehoben. Kundenbetreuung besteht hier nämlich aus A – freundlich lächeln, B – keine Ahnung von irgendwas haben und C – auch kein Interesse dafür zu zeigen. Das Wort »Effizienz« scheint hier auch noch nicht zu existieren. Am liebsten macht man es dem Kunden nämlich so umständlich wie möglich. Dafür verhält man sich im Gegenzug richtig gemütlich und ist immer schön fröhlich und freundlich. Was für eine verkehrte Welt. Dieses Verhalten scheint jedoch von den meisten Arbeitgebern – aus einem mir unverständlichen Grund – toleriert zu werden. Ob der Kunde zufrieden ist, ist ja nur halb so wichtig. Hauptsache man bleibt immer freundlich und lächelt. Dieses Verhalten treibt mich jedoch hin und wieder fast zur Weißglut, fühle ich mich doch manchmal leicht verarscht. Egal ob im Elektrofachhandel, im Bauhaus, im Schreibwarengeschäft oder in einer Druckerei – die Leute haben zumeist hinten und vorne keine Ahnung. Bezahlt scheint man hier nur für die Anwesenheit zu werden. Und fürs Dauerlächeln. Ist ja alles easy, no worries, kein Stress, das wird schon.

Viele Australier haben in meinen Augen ein echtes Problem damit, ihre Aufgabe im Beruf zu erfüllen. Von »gewissenhaft erfüllen« rede ich ja noch gar nicht. Die Arbeitsmoral scheint hier bei vielen nahe am Nullpunkt zu sein. Da ist es doch viel schöner, wenn man nur freundlich lächeln und sich blöd stellen muss und in Gedanken bereits im Pub oder am Strand ist. Motivation gute Arbeit zu leisten und damit auch ein paar Kunden glücklich zu machen, haben nur wenige. Der Kunde soll zwar König sein, aber das scheint sich nur auf freundliches Verhalten zu beziehen. 

Immer wieder habe ich solche Erlebnisse, wenn es um das Einholen von Angeboten bzw. das Abwickeln von Druckjobs geht. Effizienz oder gute Kundenbetreuung kann man von den Leuten einfach beim besten Willen nicht erwarten. Ich werde mich daheim jedenfalls nie wieder darüber beschweren, dass man alles und jedem nachrennen muss. In Australien ist das nämlich noch wesentlich schlimmer. Hier wird dir nichts nachgeworfen – jede Information muss wie bei einem Verhör aus den Leuten raus gequetscht werden. Sonst erreicht man rein gar nichts.

Zum Wahnsinnig werden ist das manchmal also. Dieses Land macht mich ganz paranoid, weil man keinem trauen kann bzw. sich auf keinen verlassen kann. In Australien müsste man anstatt »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser« wohl eher sagen »Vertrauen ist unmöglich, Kontrolle ein absolutes Muss«. Manchmal wundert es mich deshalb echt, wie sich ein halbwegs normaler Durchschnittsdeutscher oder Österreicher mit der australischen Arbeitskultur bzw. Moral arrangieren kann. Hilfe! Wie geht das? Wie ticken diese Leute? Ich versteh sie einfach nicht. Das einzige was mir dazu einfällt – einmal tief durchatmen, den Ärger runter schlucken und sich wieder mal denken:

No worries!

3 Kommentare:

  1. Als wir bei unserer Auswanderung mehrere Sachen (Elektro Geräte. Auto, (Miet)Haus, Pferde, etc) kaufen mussten und wir nach den Garantie Bedingungen gefragt haben hat jemand uns erzählt das in Australien das Prinzip gilt: "Buyer Beware". Also der Käufer muss sich selber erkundigen und nicht erwarten das der Verkäufer die Wahrheit erzählt. Mittlerweile habe ich gelernt das ich beim Kauf im Geschäft immer gleich nach der Betriebsanleitung frage wo ich dann alle Info's selber nachlesen kann denn vom Personal bekomme ich auf meine Fragen entweder keine oder eine ausgedachte Antwort. Auch ich traue keinen Verkäufer oder Reparateur mehr aufs Wort denn wenn man sich hinterher über etwas beschwert bekommt mann die freche Antwort das mann dann nicht so dumm hätte sein sollen und die Leute glauben. Viel Glück Nina!! Kathy

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  2. Hi Kathy,

    du hast das grad so wunderbar formuliert, du sprichst mir aus der Seele!! Solche Erlebnisse hatte ich nämlich auch schon, dass ich mich über eine Falschauskunft beschwert habe - und es ganz klar ihr Fehler war - und dann hieß es: Ja, ich hätte halt genauer nachfragen müssen, das sei ja nicht ihr Job mir alles bis ins Detail zu erklären. Da weiß man doch echt nicht, wie man reagieren soll, wenn man solche Dinge hört!

    Und danke - Glück und gute Nerven kann ich hin und wieder gut brauchen ;-)

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  3. Genial Nina, triffst den Nagel auf den Kopf!

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