Woher kommt eigentlich der Name Australien? Vor langer Zeit einmal, eigentlich schon seit dem antiken Griechenland, als dieser Teil der Erde noch nicht entdeckt war, glaubten Wissenschaftler in Europa daran, dass sich in der südlichen Hemisphäre ein riesiger unbekannter Kontinent befinden muss. Dieser wurde als »terra australis incognita«, wortwörtlich unbekanntes südliches Land bezeichnet. Man stellte sich diesen fiktiven Kontinent – ähnlich wie in der Karte von 1587 – als große zusammenhängende Landmasse vor. Genau genommen wurden damit jedoch zwei zu jener Zeit unentdeckte Kontinente umfasst: Australien und die Antarktis.
In einem Gespräch mit Australiern musste ich feststellen, dass ich noch viel zu lernen habe, was das Land Down Under betrifft. Da war die Rede von den Wiggles, einer australischen Musikgruppe für Kinder, die 1991 in Sydney gegründet wurde. Angeblich seien die vier Herren mindestens so bekannt wie Nicole Kidman und mindestens so beliebt wie Kylie Minogue. Laut Wikipedia haben die Wiggles bis 2010 ganze 23 Millionen DVDs und sieben Millionen CDs verkauft. Wow, die sind wohl ganz schön berühmt. Wie kommt es, dass ich noch nie von ihnen gehört habe?
Meine australischen Gesprächspartner waren ganz bestürzt, als ich mit Fragezeichen im Gesicht zugeben musste, dass ich keine Ahnung habe, wer oder was die Wiggles sind. Die kennt doch jeder, meinten sie. Ja, aber ich komme doch aus Europa ... Egal, die sind so bekannt, die kennt man auf der ganzen Welt – sogar in Amerika! Ja, aber nur weil die Amis drauf abfahren, heißt das doch nicht, dass wir in Europa auch alle Wiggles-Fans sind.
Als mein Australier und ich dann später unter uns waren, meinte ich, dass das wieder mal typisch Aussie sei. Warum die Australier immer davon ausgehen, nur weil sie etwas voll super finden, dass die ganze Welt das auch voll super finden muss? Ich bekam darauf folgende Antwort (mit einem Augenzwinkern versteht sich): »Jetzt komm schon. Die Wiggles waren vier Jahre in Folge die bestbezahlten australischen Entertainer. Die sind einfach riesig!! Mindestens so berühmt wie Filmstars! Die machen im Jahr wahrscheinlich mehr Geld als alle Österreicher zusammen ... Was kann ich sagen, Australien ist einfach das beste Land der Welt!«
Achja. Bei so viel Zuversicht würde mich nun eine Frage wirklich brennend interessieren: Wer von euch kennt die Wiggles? Ich bin gespannt auf eure Antworten ...
Das ist die große Streitfrage, die immer wieder für interessante Diskussionen sorgt. Hat Australien überhaupt eine Kultur? Und wenn ja, was versteht man darunter? Kann eine Vielzahl an internationaler Küche als Kultur bezeichnet werden? Oder gar Musikfestivals und sportliche Events?
In Gesprächen mit anderen Auswanderern und Besuchern die nach Australien kommen, höre ich immer wieder ein und dasselbe. »Schön ist es in Australien! Aber richtige Kultur findet man hier halt nicht, das vermisse ich schon ein wenig.« Dieser Ausspruch bringt die Australier regelmäßig auf die Palme. Was bilden sich diese Ausländer ein, in unser geliebtes Land zu kommen und dann einfach zu behaupten, wir seien ein kulturloses Volk? Wird dann auch noch der vage Vergleich mit Amerika gezogen, ja dann hat man es sich endgültig verscherzt.
Was ist Kultur also? Es gibt viele verschiedene Ansätze zu diesem Begriff und hängt natürlich immer von der Betrachtungsweise ab. In unseren Augen ist Kultur wohl sehr eng verbunden mit Tradition und Geschichte. Kultur wird bestimmt durch ein gemeinsames Gedankengut, das uns durch eine gemeinsame Vergangenheit verbindet und somit unser Handeln in der Gegenwart prägt. Eine gute Beschreibung ist auch diese: »Der wesentliche Kern der Kultur besteht aus traditionellen (d.h. in der Geschichte begründeten und von ihr ausgewählten) Ideen und insbesondere ihren zugehörigen Werthaltungen.«
Jetzt ist es aber so, dass die Australier ein stolzes Volk sind und sehr viel wert auf ihre (in unseren Augen nicht vorhandene) Kultur legen. In diesem Artikel im Sydney Morning Herald wird aus Sicht eines Australiers beschrieben, was die Aussies unter Kultur verstehen: Musikfestivals, Filmfestivals, sportliche Events und den Australia Day, Australiens Nationalfeiertag. Die Liste klingt ganz so, als müsste sich der Verfasser gegen die Anschuldigungen der Rest der Welt, Australien sei ein kulturloses Volk, verteidigen. Dabei klammert er sich an jeden Strohhalm fest ... und geht trotzdem unter. Ist Kultur in den Augen der Australier gleich Entertainment?
Interessant sind auch die Kommentare zu dem Artikel. Zurecht kritisieren einige Leute treffend: »Australien ist eine kulturelle Wüste. Die einzig wirkliche Kultur kommt von den Aboriginals und diese wird weder akzeptiert noch anerkannt.« So scheint es, als herrsche ein grundlegendes Missverständnis, was die Definition des Begriffs Kultur betrifft. Wie aus dem Artikel hervor geht, verstehen die meisten Australier unter Kultur nämlich Festivals und Events, ganz gleich welcher Art. Punkt. Dann kommt da nichts mehr. Diesen weit umfassenden Begriff von Kultur als gemeinsames Gedankengut, Werte, Traditionen und Geschichte, die ein Volk verbinden, gibt es hier wohl nicht.
Manch ein Australier hat mir auf die Frage, was australische Kultur sei, geantwortet: »Der Australian Way of Life. An den Strand gehen, mit Freunden grillen, Footy schauen und ein paar Bierchen trinken – das ist unsere Kultur!« Andere wiederum sehen es etwas realistischer: »Unsere Kultur ist, dass wir kulturlos sind. Wir scheren uns nicht um solche Dinge. Und wenn wir doch mal ein bisschen Kultur brauchen, dann borgen wir diese von anderen Ländern.«
Und zu guter Letzt gibt es hier, ganz nach australischer Art, noch einen Witz zum Thema. Frage: Was ist der Unterschied zwischen Australiern und einem Jogurt? Antwort: Wenn man ein Jogurt zu lange in der Sonne stehen lässt, entwickelt es eine Kultur.
Das Great Barrier Reef erstreckt sich 2.600 km entlang der Küste von Queensland und ist als größtes Korallenriff der Erde bekannt. Seit 1981 gehört es zum UNESCO Weltkulturerbe und beheimatet 350 verschiedene Korallenarten, Wale, Delphine, Seekühe, Haie, Rochen, sechs der sieben weltweit vom Aussterben bedrohten Meeresschildkröten und an die 1.500 Fischarten.
Das außergewöhnliche Naturwunder ist das Traumziel jedes Touristen, der nach Australien reist. Die ernst zu nehmende Frage ist jedoch, wie lange das Great Barrier Reef in der jetzigen Form noch existieren wird. Die Bedrohung des Riffs hat im letzten Jahrzehnt langsam aber sicher zugenommen, das empfindliche Ökosystem wird in der Folge immer mehr aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Gesundheit des Riffs hängt in direkter Linie von dessen Korallendichte ab – seit 1985 sind jedoch bereits 50% der Korallen verschwunden. Daher müssen wir uns fragen: Werden unsere Enkelkinder dieses Naturwunder noch mit eigenen Augen betrachten können?
Bereits in den Jahren 2011 und 2012 fiel der Report der UNESCO äußerst negativ aus. Bedroht wird das Weltkulturerbe in erster Linie durch die Auswirkungen des Klimawandels (Naturkatastrophen und Erwärmung der Ozeane), schädigende Umwelteinflüsse (Wasserverschmutzung), sowie Australiens lukrativstem Wirtschaftszweig, der Kohlebergbauindustrie, die im Gebiet des Great Barrier Reefs wichtige Exporthäfen hat.
Bedrohung durch Klimawandel
Die ideale Wassertemperatur für das Ökosystem im Great Barrier Reef beträgt 28-30°C. Schon eine geringe Abweichung davon kann das empfindliche Gleichgewicht stören und verheerende Folgen haben. Durch den Klimawandel und die Erderwärmung nehmen auch die Temperaturen der Ozeane zu, was in weiterer Folge die so genannte »Korallenbleiche« auslösen kann – ein Prozess bei dem die lebenswichtige Symbiose zwischen Algen und Korallen zerstört wird. Im schlimmsten Falle kann dies zum Massensterben von Korallen führen. Ein empfindliches Ökosystem wie das Great Barrier Reef leidet aber auch unter Naturkatastrophen wie Fluten und Zyklone, die sich in Queensland jedes Jahr in den Sommermonaten häufen. Dabei können mitunter große Teile des Riffs zerstört werden. Die Korallen regenerieren sich zwar, das Riff erholt sich von selber, der Prozess dauert jedoch 10-20 Jahre.
Bedrohung durch Wasserverschmutzung
Im Hinterland von Queensland befinden sich etliche Farmen und Plantagen deren Felder mit Dünger bearbeitet werden. All das was im Laufe der Zeit dort weg gespült wird, landet irgendwann früher oder später im Meer. Der Überschuss an Nährstoffen im Wasser stört einerseits das Wachstum von Korallen und fördert andererseits die Verbreitung von Plankton und Algen. Dies führt in weiterer Folge zu einer explosionsartigen Vermehrung von Dornenkronen-Seesternen. Diese ungeliebte Spezies ernährt sich von Korallen und kann in »Großangriffen« ganze Korallenriffe kahl fressen. Laut Forschern fand ein Befall von Dornenkronen-Seesternen, der mit einer Heuschreckenplage auf dem Land verglichen werden kann, früher nur alle 50-80 Jahre statt. Heute tritt das Problem schon alle 15 Jahre auf, was den Korallen nicht genug Zeit zur Regeneration lässt.
Bedrohung durch Bergbauindustrie
Australien ist der größte Kohleexporteur der Welt. Im Hinterland von Queensland befinden sich riesige Abbaugebiete – und der Weg auf dem die Rohstoffe nach Asien abtransportiert werden, geht direkt durch das Great Barrier Reef. Auch die Erdgasindustrie wird in Queensland zusehends aufgebaut und soll sich ebenfalls der Häfen und Exportwege durch das Great Barrier Reef bedienen. Der Ausbau von mindestens sechs neuen Mega-Häfen ist teilweise geplant oder sogar bereits in Bau. Die neuen Transportwege müssen zuerst einmal freigebaggert werden, dass dabei Teile des Great Barrier Reefs zerstört werden, ist unumgänglich. Damit wird in Zukunft mindestens ein riesiger Tanker pro Stunde die Bewohner des Riffs stören. Es sollen 330 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr direkt durch das Great Barrier Reef befördert werden. Von einer möglichen Katastrophe ganz zu schweigen, sollte ein Schiff auf das Riff auflaufen. Was das für Folgen hat, weiß man bereits aus dem Jahre 2010, als ein chinesischer Tanker einen 3 km langen Schaden am Riff anrichtete und dabei vier Tonnen Öl verlor. Die Stelle des Great Barrier Reefs ist heute so gut wie unbewohnt, Experten schätzen dass es 10-20 Jahre dauern wird, bis sich das Riff davon erholt hat.
Höchste Zeit zum Handeln
Die Probleme um das Great Barrier Reef sind vielschichtig. Globale Erwärmung, Naturkatastrophen und deren Folgen sind schwerer zu bekämpfen als der Ausbau der Industrie. Laut Expertenmeinungen braucht das Ökosystem seine ganze Kraft und Energie, um sich ersteren Problemen zu stellen, denn das Korallenriff steht durch äußere Umwelteinflüsse bereits so stark unter Stress, dass ihm kaum Zeit bleibt, sich zu regenerieren. Eine zusätzliche Belastung durch die Industrialisierung könnte deshalb fatale Folgen haben.
Laut Expertenmeinungen die aus dem aktuellen UNESCO Report hervorgehen, hat Australien leider auch dieses Jahr darin versagt, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um das Great Barrier Reef zu schützen. Die australische Regierung wird vor allem bezüglich dem Ausbau der Exporthäfen zur Beförderung von Kohle und Erdgas stark kritisiert, weil sie offensichtlich nicht willens ist, aktiv in den Interessenkonflikt zwischen wirtschaftlichem Profit und dem Schutz des Great Barrier Reefs einzugreifen. In einem Ultimatum hat Australien nochmals bis 1. Februar 2014 Zeit bekommen, um sich der Probleme anzunehmen. Sollte dies nicht geschehen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die UNESCO das Great Barrier Reef als »gefährdetes Weltkulturerbe« auf die Rote Liste setzt.
Wollen die Australier das tatsächlich auf sich sitzen lassen? Schon jetzt spricht man von einer Schande. Wie soll man das der Weltöffentlichkeit erklären? Und noch viel wichtiger, wie soll man das seinen Enkelkindern erklären, wenn das Great Barrier Reef bis dahin nicht mehr existiert? Auch die Tourismusbranche hat verständlicherweise Angst, hängen gar 60.000 Jobs in der Queensland Tourist Industry von den Besuchern aus aller Welt ab, die jedes Jahr nach Australien kommen, um das Great Barrier Reef mit eigenen Augen zu bestaunen. Die Zukunft des großen Naturwunders scheint ungewiss. Alle beteuern, wie wichtig ihnen das Great Barrier Reef sei. Wie lange es jedoch allen Widrigkeiten zum Trotz bestehen kann, bleibt unklar.